Sehr geehrte Bayerische Staatsregierung,
sowie alle politischen Verantwortlichen in Stadt und Land,
trotz steigender Covid-19-Zahlen sowie der nun verstärkt überwiegenden Verbreitung der in Virulenz wie Schwere des Krankheitsverlaufs wesentlich gefährlicheren Virus-Mutanten sollen am Montag in Bayern wieder alle Schulen geöffnet werden.
Bei uns im Haus ist jetzt seit Ende letzten Jahres unter ärztlicher Leitung das Corona-Testzentrum-München West untergebracht - an dem wir uns mit unseren zur Zeit leider brach liegenden räumlichen, organisatorischen und personellen Ressourcen beteiligen.
Nachdem wir selbst als Eltern sowie Bekannte von Lehrkräften und SchulleiterInnen die massive Unsicherheit und Nöte sowie die eklatanten Mängel bei der Organisation, Durchführung und Materialbereitstellung an Schulen mitbekommen mussten - haben wir innerhalb von zwei Tagen sog. „Mobility-Teams!“ aufgestellt, die in mehreren Schulen - erstmal überwiegend in unserer Umgebung - kostenlos die Corona-Testungen sicher organisiert und durchgeführt haben. Ebenso mussten wir dort zusätzliche Testkits zur Verfügung stellen, nachdem bei all den Schulen, bei denen wir waren, keine oder nur viel zu wenige Testkits zur Verfügung gestellt wurden.
Ich persönlich habe noch schulpflichtige Kinder. An deren Schule hat beispielsweise der Leiter unser Testangebot nicht angenommen - u.a. mit dem Hinweis auf die Vorgaben des Kultusministeriums. Die Folge war, dass bei dem Präsenzunterricht keines der Kinder überhaupt getestet wurde! Wenn das an vielen anderen Schulen wohl auch so lief, dann braucht man sich über die - trotz des herrschenden Lock-Downs - in der Woche vor Ostern gestiegenen Inzidenzwerte nicht wundern!Nicht nur, dass die meisten Schulleitungen, Lehrkräfte und Schülerrinnen überfordert (gewesen) sind, war und ist es eigentlich unverantwortlich, unter diesen Bedingungen die Schulen zu öffnen.
Dass nun ganz kurzfristig und überhastet zum Ferienende eine Testpflicht ausgerufen wird - ohne, dass überhaupt ein überzeugendes und wirklich funktionierendes Testkonzept vorliegt bzw. überhaupt die Voraussetzungen für eine sichere Umsetzung dieses geschaffen worden sind erscheint uns fatal.
Umso unverständlicher ist es, dass solche Aktivitäten und Bemühungen, die von uns und vielleicht auch einigen anderen als VorreiterInnen mit viel Aufwand und Vorleistung spontan in gesellschaftlicher Verantwortung erbracht wurden, vom Kultusministerium nicht nur nicht unterstützt, sondern wohl sogar den Schulen untersagt worden sind.
Aus unseren Erfahrungen vor den Ferien sind mindest ebenso größte Zweifel angebracht, dass die unzulänglichen Zustände nun nach den Ferien komplett anders, besser sein werden. Nur das Ausrufen einer Testpflicht ändert doch nichts an der nach wie vor misslichen Situation hinsichtlich der Testungen bei diesen Einrichtungen.
Verzeihen Sie mir bitte diese scharfen und kritischen Worte - aber nur durch eine „Schaufenster“-Politik lässt sich weder dieser schreckliche Virus bekämpfen, noch steigt so die Akzeptanz bei den BürgerInnen, Institutionen oder sonstigen gesellschaftlichen Kräften.
Dem gegenüber kann diese Seuche nur erfolgreich bekämpft und die immensen menschlichen, gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Schäden möglichst minimiert werden durch ein koordiniertes gemeinsames aktives und effektives Handeln von allen gesellschaftlichen Gruppen - also Politik, Unternehmen, den unterschiedlichsten Institutionen und Organisationen sowie jeder/jedem einzelnen BürgerInn.
Wir dürfen nicht länger nur in der Hoffnung ausharren, dass irgendwann mal jeder Mensch geimpft sein wird und dann die Seuche vorbei sein würde - und wir müssen halt nur die Zeit dazwischen - koste es was es wolle - irgendwie überbrücken. Dem entgegen müssten wir doch - nach über einem Jahr dieses nie da gewesenen Ausnahmezustands - endlich dazu übergehen wirksame Strategien und realisierbare Konzepte zu entwickeln, wie wir mit dieser Seuche, die dann womöglich aufgrund der Mutationen in unserer globalisierten Welt noch sehr viel länger existent sein könnte, wieder ein einigermaßen sicheres und normalisiertes Leben führen können. Wenn wir so weitermachen, wächst die Gefahr, dass unsere ganze Gesellschaft in einer katastrophalen Sackgasse landet.
Dabei teilen wir jedoch grundsätzlich die Haltung, dass es oberste Priorität haben muss, dass an allen Schulen, Hochschulen, Kitas und sonstigen öffentlichen oder privaten ausbildungs- und betreuungsbezogenen sowie sozialen Einrichtungen in unserem Land wieder ein vollumfänglicher Präsenzunterricht bzw. eine entsprechende Betreuung stattfindet. - Auf die Gründe für diese Notwendigkeit gehen wir an dieser Stelle heute nicht näher ein.
Absolute Voraussetzung dafür muss aber sein, dass bei einem Präsenzunterricht ein möglichst hoher Infektionsschutz von SchülerInnen, LehreInnen, BetreuerInnen, sonstigem Personal als auch der daran hängenden Familien und unmittelbaren Kontaktpersonen gewährleistet wird.
Das scheint uns nach dem aktuellen Stand und dem was auf der PK des Kultusministeriums am Freitag präsentiert wurde überhaupt nicht gegeben - insbesondere, auch nicht nur aufgrund der Erfahrungen aus der diesbezüglich absolut desolaten Situation bei der Schulöffnung nach 3 Monaten zwei Wochen vor Ostern.
Wie gesagt eine Testpflicht auszurufen und dann mindestens zwei „Selbsttests“ in den Schulen pro Woche „zu empfehlen“, ist doch kein wirkliches und verbindliches Testkonzept. Übrigens sind die vom Freistaat bereit gestellten Antigen-Schnelltests für ungeschulte Selbsttests besonders ungeeignet.
Darüber hinaus wurden u.v.a. folgende Fragen auch bei der PK des Kultusministeriums am Freitag nicht oder unzureichend beantwortet:
  • Eine Testpflicht sollte doch eine vollständige Zurverfügungstellung von Tests an die entsprechenden Einrichtungen voraussetzen.
    - Ist dies wirklich gewährleistet?
  • Was passiert mit SchülerInnen und Lehrkräften, die sich aufgrund der unprofessionellen, mangelhaften und für Sie misslichen Situation nachvollziehbarer Weise nicht im Stande sehen, diese Tests durchzuführen?
  • Was passiert dann in den Schulen, wo Testungen nicht in Umfang und Qualität vollständig und fachgerecht durchgeführt werden können?
  • Was passiert mit den nach diesen Tests positiv getesteten SchülerInnen, Lehrkräften oder ErzieherInnen?
Allerdings müssen wir hier abschließend den absolut schwerwiegendsten Punkt aufzeigen:
Wie eingangs erwähnt - sind wir seit geraumer Zeit an einem ärztlichen Corona-Testzentrum beteiligt. Wir sammeln da auch einschlägige empirische Daten - insbesondere über die Entwicklung und den Anteil an Positivtestungen - auch nach Art der Tests sowie der festgestellten Mutanten und der jeweiligen Viruslasten. Ebenso tauschen wir uns mit anderen Testzentren über die entsprechenden Werte aus - natürlich im Rahmen des hinsichtlich der Datenschutzbestimmungen erlaubten Umfangs.
Es ist kein Geheimnis, dass die Entwicklung hier sehrt dynamisch ist. Wir kommen aufgrund der aktuellen Zahlen zu folgendem sehr beunruhigendem Ergebnis:
Bei der Durchführung von sogenannten „Dualtests“ - also Antigen-Schnelltest & PCR-Test - zeigt sich aktuell, dass bei :
10 positiven PCR-Tests vorher 7 Antigen-Schnelltests negativ sind!
Es ist unbestritten, dass selbst durch das beste und aufwendigste Testkonzept nicht wirklich 100% Infektionsschutz gewährleistet werden kann. - Genauso wie das auch durch keinen Impfstoff zu erreichen ist.
Allerdings ist eine Öffnung von Schulen und anderen vergleichbaren Einrichtung nur verantwortbar, wenn ein möglichst sicheres und durchaus realisierbares Testkonzept gewährleistet ist. Das ist gleichwohl bis jetzt nicht der Fall!
Daraus muss die zwingende Schlussfolgerung gezogen werden, dass Testungen alleinig nur mit Antigen-Schnelltests, die dann auch noch von ungeschultem Personal oder gar im Selbsttest vorgenommen werden, zwar ein bisschen mehr Sicherheit bringen aber nicht in einem ausreichenden Umfang und demgegenüber sogar kontraproduktiv sein könnten, weil zu befürchten ist, dass zum einen (zunächst) negativ getestete SchülerInnen sich in einer falschen Sicherheit wiegen und dann zum anderen trotz der Testungen von diesen weiterhin dringend gebotene Hygienemaßnahmen - sowohl in der Schule wie dann noch viel schwerwiegender im privaten Umfeld - nicht mehr so konsequent praktiziert werden.
Daher schlagen wir für ein wirksames Testkonzept in Schulen, Kitas, anderen sozialen Einrichtungen sowie auch für Firmen folgenden Mindeststandard konkret vor:
- Montag: Dualtest (Antigen-Schnelltest & PCR-Test)
- Mittwoch: Antigen-Schnelltest
- Freitag: Dualtest - es ist auch wichtig besonders über das Wochenende die Infektionsketten einzuschränken.
Optimal wäre allerdings sicherlich aufgrund des vorher Genannten, wenn grundsätzlich dreimal die Woche ein Dualtest vorgenommen werden würde!
Weil der Staat das wohl alleine nicht schafft bzw. vielleicht sogar schaffen kann, unterstützen Sie doch zumindest oder gerade deswegen unbürokratisch „private“ professionelle Initiativen - beispielsweise von Testzentren, ÄrztInnen, Apotheken oder sonstigen Organisationen, die sehr schnell entsprechende Kompetenz, Personal, Organisation und Material zur Verfügung stellen können, genauso wie die Eigeninitiative und -Verantwortung von engagierten SchulleiterInnen und Lehrkräften.
Wir hätten hier noch sehr viel Weiteres anzumerken - aber wir möchten uns an dieser Stelle nur noch auf folgenden Aspekt beschränken:
Ein wirksames Testkonzept - beispielsweise bei Schulen - führt nicht nur zur mehr Sicherheit bei den SchülerInnen, dem ganzen anderen Personal in diesen Einrichtungen und den verbundenen Familien, sondern das wäre auch ein effektiver Filter für einen erheblichen Teil der Gesellschaft Infektionsketten frühzeitig aufzuspüren und zu unterbrechen. Möglicherweise wäre das wesentlich wirkungsvoller als zahlreiche sehr schädliche Lock-Down-Maßnahmen!
Für weitere Rückfragen und einer aktiven Mitwirkung an der Bekämpfung dieser Seuche, deren für viele Bereiche verheerende Wirkung, sowie für die Mitentwicklung von sinnvollen Strategien und Konzepten aus der Praxis, stehen wir weiterhin noch intensiver gerne bereit.
Bitte nutzen Sie da unsere Erfahrungen und Kompetenzen in Sachen wirkungsvoller Umgang mit Covid-19, die wir jetzt nicht nur durch unser Corona-Testzentrum, sondern auch als eines der in Bayern führenden Kulturzentren - beispielsweise für Rock-Pop-Musik - in den letzten 14 Monaten besonders erworben haben. So konnten wir beispielsweise im Sommer vor allem zwischen den kulturellen Total-Lock-Downs und sogar vereinzelt während dieser über 160 unterschiedlichste Veranstaltungen mit entsprechenden Konzepten sicher und offensichtlich ohne Infektionsverbreitung durchführen.
Wir verstehen, dass die Politik sich mit immer den gleichen sicherlich überaus kompetenten ExpertInnen in einer gewissen „Blase“ befindet. Durchbrechen Sie diese bitte zum Wohle von uns allen!
Bitte nehmen Sie unseren eindringlichen Appell - selbst wenn dieser nun wegen extremen Brisanz so kurzfristig kommt - ernst und berücksichtigen dies bitte in Ihrem Handeln!
mit sehr besorgten aber dennoch herzlichen Grüßen

CORONA TESTZENTRUM MÜNCHEN WEST

BACKSTAGE Kulturzentrum